Die Nacht war sehr stuermisch und nass, noch nie hatte es so stark geregnet. Jedes Mal, wenn ich mich umdrehte, klebte die Zelttuer an mir, weil der Wind so stark herein bließ. Dennoch war mir extrem heiß. Noch dazu musste ich ab 2 Uhr aufs WC und ich wollte aber bestimmt nicht bei unseren Gastgebern anklopfen. Also war es eher eine unruhige Nacht. Um 07:45 weckte ich Geli um zu fragen, ob wir nicht doch schon aufstehen koennten, damit ich endlich zur Erleichterung komme :-P. Wir packten in Ruhe alles zusammen und wurden schon neugierig von Marc, der Sohn, der draußen schon Traktor fuhr, und dem Ehepaar beobachtet. Sobald wir fertig waren, bat sie uns schon herein. Wir durften uns im Bad frisch machen, sie hatten uns sogar Handtuecher vorbereitet. Der Tisch war schon groß gedeckt, Cornflakes, Toasts, Tee und saemtliche Marmelade-Sorten standen bereit. Die Frau, Josephine, fragte uns ob wir denn Eierspeise auch haben wollten, oder Cornflakes genug sind. Ich meinte, Cornflakes wuerden reichen, aber sie duldete diese Antwort nicht, denn sie hatte bereits die Eierspeise gekocht (mit 3 Eiern pro Person…). Wie schon erwaehnt, essen die Iren ihre Cornflakes bevor dem pikanten Essen, also kamen wir nicht um ein Mega-Riesen-Fruehstueck drum herum. Gegen Ende war jeder Bissen schon schwierig, und das letzte Loeffelchen Ei schaffte ich einfach nicht mehr. Es gab dazu auch Bohnen. Wir beschlossen, die Fenster die gesamte Autofahrt offen zu lassen und in ein Bed & Breakfast mit getrennten Zimmern zu gehen… Nein, Spaeßchen, wir sind ja nicht unsere Maenner :-P. Von 08:00 bis 10:00 saßen wir noch mit Josephine und Denis zusammen. Sie zeigten uns Fotos von ihrer Familie, Zeichnungen von Enkelkindern und erzaehlten uns sehr viel ueber die Geschichte Irlands, ueber alte Cottages, wie die Situation in Irlands Wirtschaft ist, wie teuer Haeuser sind, wie gierig die Banken… Es war wirklich extrem interessant, mal zu hoeren, wie es wirklich zu geht. Oft wird einem das Gefuehl gegeben, dass sich Irland bereits von den groessten Emigrationswellen und Wirtschaftszusammenbruechen erholt hat, aber in Wirklichkeit ist es noch weit davon entfernt. Ganz besonders betroffen waren die beiden von einem kuerzlichen Ereignis: Es sollte eigentlich extra aus den Niederlanden Garth Brooks nach Irland kommen. Er hatte ein Fußballstadion gebucht, in dem er an drei Abenden Konzerte geben sollte. Aus der ganzen Welt kamen Leute angereist, sogar teilweise aus Australien, der Tourismus waere wahnsinnig wichtig fuer Irland’s Wirtschaft gewesen. Leider aber wollten so viele Leute Tickets, dass Garreth seine Fans nicht enttaeuschen wollte, und fuenf Konzerte verlangte. Die Regierung sagte aber nein, da das Stadion nur fuer drei gebucht werden wollte. Daraufhin beschloss Garth: Entweder ganz oder gar nicht, und alle Konzerte wurden abgesagt. Mit dieser Aktion hat Irland einen Verlust von etlichen Millionen Euro gemacht, wahnsinnig viel Geld muss rueckerstattet werden, und Tausende von Menschen sind enttaeuscht.
Die beiden waren so extrem gluecklich uns da zu haben, erwaehnten oft, wie einsam sie waren, und wie liebe, schlaue Maedchen wir waren. Sie gaben uns ihre Adresse, damit wir ihnen eine Postkarte schicken koennen (Das war unsere Idee, wir wollen uns irgendwie bedanken und oesterreichische Koestlichkeiten hinueberschicken), und auch die Nummer von Marc, falls wir eine Panne haben: „He loves adventures!“ – sollten wir ihn anrufen und er hilft uns mit seinem Jeep. Einfach so herzliche Menschen, so etwas habe ich noch nie erlebt! Die Iren haben uebrigens keine Hausnummern, aber im Laufe des Jahres soll das noch eingefuehrt werden. Als wir dann um 10:15 das Haus verließen, wurden wir noch herzlichst umarmt und uns wurde euphorisch hinterhergewunken. Auch wenn es uns wirklich unangenehm war, wir bereuten nicht, angeklopft zu haben. Wir hatten das richtige Haus erwischt!
Unser Weg fuehrte uns zum nahegelegenen Wasserfall, wo wir, same procedure, wieder einmal herumkletterten, und von dort aus dann zur Famine Village fuhren. Dieses aufgebaute Dorf bestand aus zwei Fuehrungen durch die Geschichte der Irischen Hungersnot. Die Fuehrungen waren extrem interessant, und auch so gab es so viel zu entdecken, zu lesen, zu hoeren und zu sehen. Wir verbrachten etwa 2 einhalb Stunden dort und am Schluss rauchte uns der Kopf. Sehr interessant waren die diversen Sprueche die ueberall hingen:
The world’s top three billionaires are richer than all least developed countries and their 600 million people.
If you can walk up to your fridge and find food in it, you have clothes on your back, a roof over your head and a bed to sleep on, then you are richer than 75% of the world’s population.
If you woke up this morning, healthy with no illnesses, then you are not one of the million people who won’t live to see next week.
If you have a bank account, a bit of money and change in your purse, then you are part of the 8% that is considered ‚well off‘.
We (Ireland) spent more on our mobile phones in the first three months of the year than on the entire annual budget for overseas development aid.
Less than 1% of the world’s weapons spend was needed to give each child access to an education by the year 2000. Yet this did not happen.
Around the world today between 27-30.000 children die each day. This is equivalent to 1 child dying every 3 seconds or 20 children every minute. Poverty is the main reason for this as it results in easily preventable diseases causing death.
In 2005 we (Ireland) spent 125 million on pet food, 50 million of Chinese savoury sauces, 18 on hair dye and 25 on Mars bars.
In today’s world 960 million adults cannot read. Almost all of these are in the least developed countries.
If you have never experienced the struggle of war, the loneliness of captivitiy in a foreign hostile place, the agony of torture or hunger, then you are more fortunate than 500 million people in the world.
Ein Thema war als Armut, weiters wurde auch der Konflikt zwischen der Republik Irland und Nord Irland – als Teil von Großbritannien, und damit zusammenhaengende Religionskonflikte illustriert und natuerlich die „Irish Famine“ – die große Hungersnot die aufgrund einer Kartoffelseuche ausbrach. Die Iren lebten damals von der Kartoffelernte, ein erwachsener Mann aß etwa 6kg Kartoffeln am Tag. Die Landlords bauten große Haeuser und kauften riesige Grundstuecke und borgten sich aus diesem Grund das Geld von den Banken. Die Bauern unter ihrem Grundstueck verkauften die Kartoffeln, zahlten die Miete an die Landlords und so konnten diese der Bank ihr Geld zurueck geben. Als aber die Kartoffelseuche ausbrach, war dies nicht mehr moeglich und die Landlords wurden bankrott, weswegen der Staat die Grundstuecke an neue versteigerte. Diese erkannten, dass die Ertraege durch Menschen geringer waren, als durch Tiere und delogierten viele Menschen. Das fand so statt, dass ein Balken vor die Tuer genagelt wurde. Sollte die Familie aber dennoch wieder durch die Tuer gehen, so galt dies als ein Verbrechen und der Landlord hatte das Recht, das Haus niederzuschmettern. Oft lebten deshalb Familien in Ruinen. Außerdem gab es eine Steuer auf Fenstern, weswegen viele arme Familien die Fenster zumauerten und so aufgrund von der schlechten Luft und dem fehlenden Tageslicht frueh an diversen Krankheiten starben. Viele lebten ueberhaupt nur in einer Art Hoehle, sprich eine kleine Nische unter dem Boden, was eine Zeit lang sogar als guter Lebensstandard galt. Es war also alles ziemlich schrecklich, weswegen auch so viele Iren nach Amerika und Australien ausgewandert sind.
Nach der Famine Village fuhren wir die Insel entlang der Kueste hinauf zum noerdlichsten Punkt von ganz Irland. Das lustige ist ja, dass der noerdlichste Punkt Irlands eigentlich im sogenannten „Suedirland“, also der Republik, liegt. Dort, bei Malin Head, war die Hoelle los. Die Touristen klebten aufeinander, der Parkplatz war zu klein, zu eng, zu ueberfuellt. Mit dem Fiat hatten wir aber Glueck, es war nicht schwer eine kleine Luecke zu finden. Wir spazierten dort hinunter und ich hatte bloederweise meine Sneakers an, weswegen ich prompt gleich einmal ausprobierte, wie weich man auf dem Gras dort landet. Ich kann’s euch sagen: Hart. Hat bis in den Kopf hinauf gehaemmert. Geli lachte mich natuerlich aus – als Rache dafuer, dass ich sie ausgelacht habe, als sie auf der Faehre die Stufen hinunter gerutscht ist (… und als ersten Instinkt hab ich damals die Kamera gezueckt, waehrend eine etwas schlauere Frau als ich eher gleich mal zur Hilfe geeilt ist). Aber wir lachen uns eigentlich immer gegenseitig aus, wenn wir uns weh tun. Das gehoert sich wohl so! Bei Malin Head hatten extrem viele Menschen ihre Namen mit Steinen ins Gras gelegt, also taten wir das auch. Weil ich aber zu aengstlich war nach zweimaligen (ja, es ist dann nochmals passiert) ausrutschen, großartig rumzugehen um Steine zu suchen, und Geli auch nicht so viel herumschleppen wollte, machten wir einfach ein „Jugely“ aus unserem Namen, das passt schon so. Wir spazierten / rutschten dann wieder zurueck zum Auto und machten uns auf den Weg hinunter an der Ostseite von Inishowen. Bevor wir die Halbinsel verließen, hielten wir noch in dem kleinen Fischersort Greencastle an. Von dort aus konnte man super hinueber nach Nordirland sehen, da es die schmalste Stelle zwischen den beiden Ufern war. Wir spazierten dort noch eine Uferpromenade entlang und machten uns dann auf dem Weg zum Campingplatz in der Naehe von Derry. Wir kamen dort bereits um 18:30 an, beschlossen aber, fuer heute genug erlebt zu haben, und verbrachten den Abend nur noch gemuetlich in der Sonne. Es wurde aber ziemlich schnell extrem kalt und stuermisch, weswegen wir bald einmal im Bett lagen. Wir campten exakt an der Grenze zwischen Irland und Nord Irland, sprich, die Grenze lief sozusagen zwischen Geli und mir durch. Außerdem stand neben uns ein Baum, an dem jemand eine kleine Tuer fuer eine Elfenwohnung angebracht hatte, also fuehlten wir uns gut an diesem besonderen Platz. Leider geht im Norden die Sonne viel spaeter unter, und so langen wir relativ wach bis 22:00 herum und schliefen dann immer noch bei Tageslicht ein.